Der öffentliche Sektor im Kontext der VUCA-Welt

Aus Agiles Verwaltungswissen
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Stand: 5.04.2021
Letzte Bearbeitung: Peter.Bauer


VUCA-Welt

Der öffentliche Sektor in Deutschland im 21. Jahrhundert steht vor einer Reihe von beachtenswerten Herausforderungen. „Unruhiges Fahrwasser“ prägt die Situation, in der sich Verwaltung bewegt. Die Wirklichkeit des öffentlichen Sektors ist dabei keineswegs erst mit der COVID-19 Pandemie durch Turbulenzen und Komplexität gekennzeichnet. Rückschauend lässt sich ohne Weiteres feststellen, dass die ersten beiden Dekaden des Jahrtausends durch eine Zunahme an Dynamik und Herausforderungen geprägt waren, die an Quantität, aber auch Qualität beispiellos in der bundesdeutschen Geschichte zu sein scheinen.
Mit Ende des Kalten Kriegs und der Auflösung der Bipolarität der machtpolitischen Weltordnung, hat sich mit Ablauf des alten Jahrtausends nach und nach ein Zustand etabliert, der im sicherheitspolitischen Bereich mit dem Begriff "VUCA-Welt" (Akronym: Volatility/Volatilität, Uncertainty/Unsicherheit, Complexity/Komplexität, Ambiguity/Vieldeutigkeit) beschrieben wurde.


Der Buchstabe "A" in VUCA wird unterschiedlich ins Deutsche übertragen: "Ambivalenz" und "Ambiguität". Dabei haben beide Begriffe ihre Berechtigung. Ambivalenz bezeichnet die Widersprüchlichkeit des Lebens in der Moderne. Also zum Beispiel, dass die Chancen für die Lebensgestaltung immer größer werden, aber die Berechenbarkeit von Lebenswegen immer stärker sinkt. Und mit Ambiguität ist gemeint, dass wir ständig in Unklarheiten leben und mit Unklarheiten fertig werden müssen aufgrund der oben genannten schnellen Veränderungsprozesse (vgl. Wilhelm Heitmeyer, Interview im Deutschlandfunk am 01.01.2021, 17:25 Uhr, "Kulturfragen").

Die VUCA-Welt konfrontiert den öffentlichen Sektor in Deutschland in immer kürzeren Abständen mit wicked problems, disruptiven Entwicklungen sowie black swan events und kann damit als existenzielle Herausforderung gesehen werden. Auf öffentliche Verwaltung bezogene interne Faktoren, beispielsweise alterndes Personal, Digitalisierungsstau und Pfadabhängigkeit, treffen dynamische externe Faktoren, wie Krisen und Konflikte, Migration, Desinformation, Klimawandel, Naturkatastrophen und Seuchen, technische Entwicklungen und Strukturwandel sowie eine veränderte Stakeholder-Erwartungshaltung in der Gesellschaft. Dabei reift zunehmend die Erkenntnis, dass Verwaltungsstrukturen, -prozesse und -kompetenzen des 19. und 20. Jahrhunderts der neuen Lage nur bedingt gewachsen sind. Es gilt vielmehr zu befürchten, dass sich das complexity gap, d.h. die Differenz zwischen institutioneller Kapazität und den Problemen mit denen man konfrontiert ist, beispielsweise durch die Folgen der COVID-19 Pandemie, weiter vergrößern wird. Die Auswirkungen der VUCA-Welt machen dabei vor Länder- und Organisationsgrenzen keinen Halt und betreffen alle Ebenen des Staates gleichermaßen.