Silodenken und Siloablage

Aus Agiles Verwaltungswissen
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Wenn man sich die Dateiablage von durchschnittlichen Verwaltungen anschaut (also Verwaltungen, die noch kein DMS eingeführt haben), dann ist sie meistens am Organigramm orientiert. Jedes Amt oder jeder Fachbereich oder sogar jedes Sachgebiet hat "sein" Laufwerk oder "seinen" Ordner. Darauf haben nur die Mitarbeiter*innen dieser Organisationseinheit Zugriff und die der Nachbarbereiche nicht.



Ablage nach Organigramm ("Siloablage")
In einer Ablage nach Organigramm ("Siloablage") hat jeder Bereich "sein" Laufwerk

Im Kern hat das Filesystem unter Windows die alte "Sachbearbeiterablage" wiederholt: jeder Sachbearbeiter hat "seine" Akten im Zimmer oder bestenfalls in einer Registratur des Sachgebiets. Aber diese Logik entstammt der Papierwelt. In der Papierwelt kann immer nur ein Mensch gleichzeitig eine Akte bearbeiten, alles andere wäre extrem zeitaufwendig. Aber diese Einschränkung gibt es in der digitalen Welt nicht mehr: jetzt können theoretisch mehrere Menschen gleichzeitig im gleichen Ordner arbeiten - mittlerweile sogar im gleichen Dokument.

Und sie müssen auch zunehmend zusammenarbeiten. Die Abbildung zeigt, dass die Prozesse zunehmend "quer" zu den Silos verlaufen. An immer mehr Aufgaben sind mehrere Bereiche beteiligt. Wenn diese Bereiche aber keinen Zugriff auf gemeinsame Ordner ("Akten") haben, dann müssen sie die Dokumente per E-Mail austauschen. Das macht einen gigantischen Aufwand:

  • Das Hin- und Herschicken von Dokumenten per E-Mails ist völlig unproduktiv.
  • Es führt dazu, dass vom gleichen Dokument mehrere Versionen in mehreren Datei-"Silos" gehalten werden. Bald weiß niemand mehr, welche Version die aktuelle ist.
  • Und gleichzeitig sind die Akten unvollständig, weil jedes Amt „seine“ Vorgangsakte führt und viele Mails gar nicht zur Akte genommen werden.
Die Ablage nach Organigramm führt zu einer Flut an internen Mails


Die Zahl der E-Mails ist gigantisch und die Beschäftigung mit ihnen nimmt einen großen Teil der Arbeitszeit in Anspruch. Die Tabelle in der Abbildung entstammt einer empirischen Erhebung in einer Stadtverwaltung im Jahre 2019. In diesem waren 48% der E-Mails intern versendet worden, von Kollegen an Kollegen – schätzungsweise 4,9 % der Arbeitszeit wurden allein für das „Checken“ dieser Mails verwendet – von der Bearbeitung ganz zu schweigen.


Für die Einführung der E-Akte kann das nur bedeuten, dass wir dem Vermeiden dieser internen Mails einen großen Stellenwert beilegen sollten. Das ist wichtiger als die Frage: „Wie können wir E-Mails schneller ablegen?“ Das wird wichtig in Bezug auf das externe Mailaufkommen - mit Bürgern, Organisationen und anderen Behörden.

Es gibt Dokumentenmanagementsysteme, die die Siloablage nach wie vor in ihren Strukturen fest verdrahtet haben. Bei denen bekommt dann jedes Amt seinen "digitalen Aktenschrank", der noch sicherer gegen die Nachbarn abgeschottet ist, als Windows das kann. Derartige DMS-Projekte scheitern oft, weil die Anwender nur zusätzlichen Aufwand durch das DMS sehen und keine Arbeitserleichterung erkennen können.