Das Neue Steuerungsmodell: Unterschied zwischen den Versionen

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=Internationaler Reformtrend: New Public Management=
 
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(In England unter Margaret Thatcher gingen die Reformen besonders schnell und weit voran. Das hätte deutsche Kommunalpolitiker aber eher verschreckt. Deshalb haben sich die Protagonisten dieser neuen Paradigmen in Deutschland eher auf das Beispiel Niederlande fokussiert und hierbei auf das sog. Tilburger Modell.)
 
(In England unter Margaret Thatcher gingen die Reformen besonders schnell und weit voran. Das hätte deutsche Kommunalpolitiker aber eher verschreckt. Deshalb haben sich die Protagonisten dieser neuen Paradigmen in Deutschland eher auf das Beispiel Niederlande fokussiert und hierbei auf das sog. Tilburger Modell.)
 
 
=Finanzprobleme der Kommunen und das Ziel des ausgeglichenen Haushalts=
 
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Heute stellen das Ende der Wachstumsära und die finanziellen Lasten der Wiedervereinigung die Kommunalverwaltung in das Dilemma, zunehmende gesellschaftliche Leistungsansprüche mit schrumpfenden Ressourcen befriedigen zu sollen. Der Ausweg des Größenwachstums ist versperrt. (1,7)
 
Heute stellen das Ende der Wachstumsära und die finanziellen Lasten der Wiedervereinigung die Kommunalverwaltung in das Dilemma, zunehmende gesellschaftliche Leistungsansprüche mit schrumpfenden Ressourcen befriedigen zu sollen. Der Ausweg des Größenwachstums ist versperrt. (1,7)
Entscheidend ist, dass nur ein ausgeglichener Eta die politischen Handlungsmöglichkeiten gewährt, die jede Kommune braucht, um ihre Entwicklungschancen nutzen und Entwicklungsrisiken entgegenwirken zu können. (1,9)
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Wird der Haushalt defizitär, frisst die Zinslast den Spielraum für aktive Kommunalpolitik auf. (1,9)
 
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<br />Die Folgekosten von Investitionsmaßnahmen finden noch nicht durchweg die ihnen gebührende Aufmerksamkeit. Es fehlt eine Art Controlling-Funktion als Beratungsinstrument der Verwaltungschefs. Deshalb braucht es Controlling. (Eine Ausweitung der internen Verrechnungen sei notwendig.) (1, 8)
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[[Kategorie:Die VUKA-Welt um uns herum]]
 
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Version vom 30. März 2021, 16:59 Uhr

Hier werden die Konzepte vorgestellt, die seit Ende der 1980er Jahre unter dem Begriff "Neues Steuerungsmodell" (NSM) vor allem von der KGSt und der Bertelsmann-Stiftung entwickelt wurden. Wir wollen damit die Wirkung dieses grundlegenden Paradigmenwechsels im bundesdeutschen verwaltungswissenschaftlichen Diskurs darstellen und aus heutiger Sicht (2021) kritisch beleuchten. Mit "kritisch" ist gemeint: wir wollen bewerten, welche Konzepte positive oder negative Effekte zur Folge hatten, damit wir heute in Richtung auf ein eventuelles "Agiles Steuerungsmodell" daraus lernen können. Es geht nicht darum, die damaligen Protagonist:innen der Diskussionen im Nachgang besserwisserisch zu denunzieren. Aber wir werden auch Fehleinschätzungen oder Fehlentwicklungen, die es in unserer Wahrnehmung gegeben hat, klar benennen.

Im folgenden Text werden Originaltexte zitiert und kommentiert. Dies geschieht in folgender Form:

  • Originalzitate werden in normaler Schrift dargestellt. Die Quellenangabe am Ende des Zitats (1, 20) verweist auf Quelle 1, Seite 20.
  • Paraphrasierte Zitate werden in (Klammern) gesetzt.
  • Kommentare der Verfasser werden kursiv gesetzt.

Internationaler Reformtrend: New Public Management

(In den USA begann Ende der 1970er Jahre mit der Wahl von Reagan zum Präsidenten eine „Einstellungsveränderung der Öffentlichkeit zur Kommunal und Staatsverwaltung“. Diese Bewegung verbreitete sich schnell auch in andere westliche Industriestaaten.) Überall ging es darum, die Kommunalverwaltung von einer primär behördlich geprägten Eingriffs- und Betreuungsapparatur zu einer kostenbewussten, marktnahen, mit ihren Bürgern zusammenarbeitenden „Problemlösungseinrichtung“ umzuwandeln. (1, 24)

(In England unter Margaret Thatcher gingen die Reformen besonders schnell und weit voran. Das hätte deutsche Kommunalpolitiker aber eher verschreckt. Deshalb haben sich die Protagonisten dieser neuen Paradigmen in Deutschland eher auf das Beispiel Niederlande fokussiert und hierbei auf das sog. Tilburger Modell.)

Finanzprobleme der Kommunen und das Ziel des ausgeglichenen Haushalts

Heute stellen das Ende der Wachstumsära und die finanziellen Lasten der Wiedervereinigung die Kommunalverwaltung in das Dilemma, zunehmende gesellschaftliche Leistungsansprüche mit schrumpfenden Ressourcen befriedigen zu sollen. Der Ausweg des Größenwachstums ist versperrt. (1,7)

Entscheidend ist, dass nur ein ausgeglichener Etat die politischen Handlungsmöglichkeiten gewährt, die jede Kommune braucht, um ihre Entwicklungschancen nutzen und Entwicklungsrisiken entgegenwirken zu können. (1,9)



Wird der Haushalt defizitär, frisst die Zinslast den Spielraum für aktive Kommunalpolitik auf. (1,9)


Aufgabenabbau und Gebührenerhöhungen: nur Teillösungen


Ein Aufgabenabbau ist unausweichlich und findet statt. (Aber dies) kann … nur ein Beitrag zur Problemlösung sein. Dasselbe gilt für punktuelle Einnahmeerhöhungen, z. B. bei den Gebühren. (1,7)


Kommentar: Worte wie "unausweichlich" (heute würde man sagen: "alternativlos") sollen Überlegungen abschneiden. Aber die Weichen dafür wurden schon im vorigen Absatz gestellt, weil dort bereits die "schrumpfenden Ressourcen der Kommunen" als Tatsache bezeichnet wurden. Aber handelt es sich nicht um gesellschaftliche (letztlich: politische) Entscheidungen?: Wiederum heute (Anfang 2021, im 2. Jahr der Pandemie) lehrt uns - die wir durch Schaden klug geworden sind, also kein Vorwurf an die NSM-Verfasser - die Erfahrung, dass staatliche Vorsorge helfen kann, gigantische volkswirtschaftliche Schäden zu mildern. Wenn es genügend Vorräte an Schutzkleidung, Masken, Krankenhausbetten mit Beatmungsgeräten und ausgebildetem Personal gibt, kann man die Pandemie und ihre Folgen eindämmen. Warum soll eine Gesellschaft nicht entscheiden können, diese Mittel bereitzustellen? Warum soll es unausweichlich sein, dass das nicht passiert?

Investitionsmaßnahmen: teurer als gedacht


Die Folgekosten von Investitionsmaßnahmen finden noch nicht durchweg die ihnen gebührende Aufmerksamkeit. Es fehlt eine Art Controlling-Funktion als Beratungsinstrument der Verwaltungschefs. Deshalb braucht es Controlling. (Eine Ausweitung der internen Verrechnungen sei notwendig.) (1, 8)


Kommentar: Auch hier wieder ein Argument zum Aufgabenabbau, hier auf dem Gebiet der Investitionen. Auch dieses Argument atmet nach unserem Empfinden den Geist der Parteilichkeit. Denn nicht nur die Folgekosten von Investitionen, sondern auch die Folgekosten von unterlassenen Investitionen wären zu betrachten. Was kosten kaputte Straßen? Was bedeuten nicht zeitig sanierte Brücken? Notdürftig geflickte Schuldächer?

Quelle

1 Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) (Hrsg.): Das Neue Steuerungsmodell, Bericht Nr. 5/1993, Köln, 1993