Meinungsbilder in Videokonferenzen erzeugen

Aus Agiles Verwaltungswissen
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Webkonferenzen mit großer Teilnehmerzahl haben bekanntlich den Nachteil, dass sich kein Nähegefühl einstellen will zwischen den auf verschiedene Homeoffices oder gar Orte verstreute Teilnehmenden. Ein Mittel, dem etwas gegenzusteuern, besteht darin, Stimmungs- oder Meinungsbilder einzufangen.



Ich erläutere das an einem konkreten Beispiel. Anfang April 2020, kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie und noch am Anfang des Arbeitens im Home-Office, wurde ein Vortrag von mir vor Mitarbeitern einer Uni abgesagt. Er war als Präsenzveranstaltung geplant gewesen. Ich selbst schlug vor, ihn auf Online-Format umzustellen. Aber dann, kurz vor dem Termin, bekam ich auf einmal Angst vor der eigenen Courage: „Wie soll ich in Dialog treten mit einer anonymen Menge an mir und auch oftmals untereinander unbekannten Zuhörern? Ich kann sie nicht anschauen, sie kriegen keine Körpersprache von mir und von den anderen mit. Ich spreche in ein Vakuum ohne Echo!“


Da kam mir die Idee „Mentimeter“. Mentimeter ist ein online-Tool (www.mentimeter.com), mit dem man Fragen ins Publikum stellen kann und die Teilnehmer antworten können.(Ich mache hier keine Werbung für Mentimeter. Es gibt andere Tools mit ähnlichen Funktionen, aber ein Tool reicht an dieser Stelle.)


Die Arten von Fragen, die man mit Mentimeter stellen kann, und dazu passend die Antwortformate sind unerschiedlich. Eine Frage von mir lautete z.B. „Welche Erfahrungen, die wir gerade machen, wollen wir in die Zukunft hinübertragen?“ Und das Ergebnis war eine Wortwolke:


Wortwolke mit Mentimeter




























Und dann stellte ich die Hypothese in den Raum: „Das Ansehen der öffentlichen Verwaltung hat in der Corona-Krise zugenommen“ und wollte von den Teilnehmern wissen, ob sie diese Vermutung teilen bzw. konkreter: „Bezüglich welcher Ansprüche von Studierenden, Forschenden und Lehrenden hat die Wertschätzung der Verwaltung zugenommen?“ Und das Ergebnis war ein Ranking-Schaubild:


Mentimeter: Beispiel für ein Ranking




























Inhaltlich sind beide Ergebnisse natürlich wahnsinnig interessant. Schaut euch mal beim Ranking die oberste Aussage an: „Man merkt den Mitarbeiter*innen ihre hohe Motivation an.“ – Kennt ihr nicht alle die Stammtischwitze von den „schlafenden Beamten“? Wenn ihr an einer Hochschule seid: Kennt ihr nicht das Stöhnen aller Institute über die langen Wartezeiten, wenn man irgendwas von der Verwaltung will? Und jetzt das. Wie ein frischer Wirbelwind fegt Corona durch einige Vorurteile (die sofort wieder da sein werden, wenn wir diese Ergebnisse nicht bewusst verfestigen!).Aber auch die Wirkung auf die Stimmung. Insgesamt habe ich vier Fragen mit Mentimeter gestellt, an verschiedenen Stellen platziert, damit die Teilnehmenden aktiv werden können/sich dazu angeregt fühlen.


Und sie wurden alle aktiv. Die Zahl der Abstimmenden war genauso groß wie die der Teilnehmer. Und beim Präsentationstyp "Wortwolke" sieht man in Sekundenschnelle die Ergebnisse auf dem Bildschirm: wie die Wolke entsteht, einige Worte sich groß in den Vordergrund drängen und dann von anderen Worten überstimmt werden und die vorwitzigen Neulinge von wieder anderen abgelöst werden. Und es entsteht ein Gefühl von einem Raum. Auf einmal sind alle „da“ – all die Leute in ihren isolierten Homeoffices kommunizieren in Sekundenbruchteilen miteinander. Von Berlin bis Gelsenkirchen – ein gemeinsames Dach wird aufgespannt!


Natürlich habe ich diese Abfragen nicht auf einmal gestellt, sondern über den gesamten Workshop verteilt. Relativ am Ende des Meetings, als es um Schlussfolgerungen gibt, habe ich zwei Fragen parallel gestellt:

  1. Für wie wichtig findet ihr, dass die Verwaltung aus der Corona-Krise lernt?
  2. Wie groß schätzt ihr die Chance ein, dass eure Erfahrungen dabei gehört werden?
Mentimeter Grid.JPG